„Ihr seid nicht schuld an dem, was war, aber verantwortlich dafür, dass es nicht mehr geschieht.”
(Max Mannheimer, Überlebender der Shoa, 1920-2016)
Mit diesem Zitat von Max Mannheimer wird deutlich, wie wichtig es ist, der Opfer des Holocaust zu gedenken, aber auch über das Entstehen der NS-Diktatur Bescheid zu wissen. Erinnern kann nur gelingen, wenn man von einzelnen Schicksalen erfährt und die Geschichte vor Ort kennenlernt. Mit seinem Vortrag zum Thema Landshut 1933-1945, den Herr Doktor Tamme vom Stadtarchiv Landshut im April 2023 am Gymnasium Ergolding hielt, konnte den Schüler*innen das Leben einzelner Opfer des Nationalsozialismus aufgezeigt und über die Geschichte vor der Haustür informiert werden.
Herr Tamme erläuterte, dass bereits mit der Machtübernahme der Nationalsozialisten 298 Personen, Mitglieder der Parteien KPD, SPD und auch der BVP, in „Schutzhaft“, so von den Nationalsozialisten bezeichnet, genommen worden seien. Das Schicksal der 48 jüdischen Bürger*innen, die zu Beginn der 30er Jahre des 20. Jahrhunderts in Landshut lebten, verdeutlichte der Historiker am Beispiel der fünfköpfigen Familie Wittmann, indem er darlegte, wie das Leben dieser jüdischen Familie und auch anderer Juden eingeschränkt wurde, welchen Drangsalierungen sie ausgesetzt waren und wie sie von den Nationalsozialisten ermordet wurden. Hugo und Betty Wittmann und ihren drei Kindern im Alter von 16 bis 21 Jahren war eine Emigration nicht möglich gewesen, sie wurden zusammen mit anderen zum damaligen Zeitpunkt noch in Landshut lebenden jüdischen Bürger*innen am 3. April 1942 in das Durchgangslager Piaski deportiert. Ob die Nationalsozialisten sie noch weiter in das Vernichtungslager Belzec verschleppten, lässt sich nicht mehr ermitteln. Bis September 1942 aber dürfte kein Familienmitglied mehr am Leben gewesen sein.
Anhand eines Bildes, auf dem Häftlinge zu sehen sind, die die Trümmer des bombardierten Bahnhofs in Landshut beseitigen, wies Mario Tamme auf die Geschichte des Außenlagers Landshut hin. Dieses Außenlager des Konzentrationslagers Dachau existierte vom Dezember 1944 bis zum 6. Februar 1945, während dieser Zeit kamen 83 Häftlinge aufgrund der katastrophalen Umstände ums Leben oder wurden ermordet. Als Erinnerung an die Opfer des Außenlagers befindet sich auf dem Friedhof Achdorf an der Stelle des Massengrabes, in das die Opfer zunächst gelegt worden waren, eine Gedenkeinheit.
Seinen Vortrag beendete Herr Tamme mit der Schilderung der Situation während der Befreiung, als die Landshuter Bevölkerung aufs Land flüchten musste und, wie Bilder vom 8. Mai 1945 zeigen, als amerikanische Panzer durch Landshut fuhren. Mit diesem umfassenden Blick auf Landshut im Nationalsozialismus, für den die Jugendlichen mit interessierten Fragen und einem kräftigen Applaus dankten, wurde es den Schüler*innen ermöglicht, Orte aus ihrer Umgebung in ihrer Bedeutung für die Vergangenheit zu erkennen und noch viel wichtiger anhand einzelner Schicksale ihr Wissen über diese Zeit zu vertiefen. Denn, so lässt sich ein Fazit ziehen, dieser Teil der Geschichte muss immer wieder aufgearbeitet werden, damit dies nie wieder geschieht, damit die nachfolgenden Generationen nicht erneut zu Tätern werden.
Heidi Fischer
(Mario Tamme hielt am Gymnasium Ergolding einen Vortrag über Landshut im Nationalsozialismus)