Als Katrin Himmler 15 Jahre alt ist, wird sie gefragt, ob sie denn mit dem Himmler verwandt sei. Natürlich ist ihr nicht wohl, als sie zugeben muss, dass Heinrich Himmler ihr Großonkel war. Die anwesende Lehrkraft übergeht das Thema, nimmt nicht Stellung dazu. Das empfindet Katrin Himmler als verpasste Chance. Um einem Schweigen und Verdrängen entgegenzuwirken, beginnt die studierte Politikwissenschaftlerin viele Jahre später ihre Familiengeschichte genau zu hinterfragen und veröffentlicht im Jahr 2005 ihr Buch „Die Brüder Himmler“. Über die Ergebnisse ihrer Recherche und auch über Parallelen und Ähnlichkeiten von Strukturen wie Methoden der Rechtsextremen damals und heute referierte Frau Himmler am 20. März vor den Schülerinnen und Schülern der 11. Jahrgangsstufe des Gymnasiums Ergolding.
Mehrere Jahre hat sie die Familiengeschichte aufgearbeitet. Sie bringt dabei zutage, dass Heinrich Himmler nicht das schwarze Schaf der Familie war, auch seine Brüder und viele andere Familienmitglieder traten schon früh in die NSDAP ein und fast alle männlichen Verwandten wurden Mitglied der SS, sie waren alle aktiv am Nationalsozialismus beteiligt. Das war von den Nachfahren zunächst verdrängt worden. Mit ihren Recherchen wollte Frau Himmler auch der Frage nachgehen, wie aus dem völlig normal aufwachsenden Kind Heinrich Himmler ein glühender Nationalsozialist werden konnte, der als Reichsführer SS und in anderen Funktionen wesentlich mitverantwortlich für den Mord an der jüdischen Bevölkerung in Europa und für viele weitere Opfer des Nationalsozialismus war. Ein Grund für diese Entwicklung ist, dass die Nationalsozialisten an einen weit verbreiteten Antisemitismus anknüpfen konnten und mit Versprechungen, sie würden Deutschland wieder zu einem bedeutenden Großreich machen, eine „attraktive Utopie“ vorgaukelten.
Die Referentin zeigt auch Parallelen zur Gegenwart auf: „Es sind ganz ähnliche Strategien, wie sie auch heute wieder Rechtsextreme anwenden, auch sie nutzen die heutigen Krisen, um Ängste zu schüren und stark vereinfachende Erklärungen und radikale Lösungen für komplexe gesellschaftliche Probleme anzubieten. Sie präsentieren uns Sündenböcke und stacheln zum Hass auf gegen gesellschaftliche Minderheiten, während sie gleichzeitig behaupten, unsere ‚weiße westliche Kultur‘ sei anderen Kulturen angeblich überlegen.“ Dass viele Bürgerinnen und Bürger in den letzten Monaten auf die Straße gingen, um gegen Rechtsextremismus zu demonstrieren, sieht Frau Himmler als ein gutes Zeichen, denn die Mehrheit der Gesellschaft müsse sich gegen die Gefahr von rechts deutlich positionieren.
Im Anschluss an den Vortrag stellten die Schülerinnen und Schüler viele interessante Fragen, die verdeutlichen, wie wichtig das Thema für sie ist und wie sehr sie dieses beschäftigt. In ihren Antworten auf die Schülerfragen erläutert Frau Himmler ihre Erfahrungen durch die Recherche ihrer Familiengeschichte und warnt ausdrücklich davor, wie soziale Medien von Rechtsextremen genutzt werden, um gezielt Desinformationen zu verbreiten.
Heidi Fischer