„Ihr seid nicht verantwortlich für das, was geschah, aber dafür, dass es nicht wieder geschieht.“
Max Mannheimer (Holocaust-Überlebender)
Die P-Seminare „Erinnerungskultur“ des Gymnasiums Ergolding (Leitung Heidi Fischer) und des Hans Carossa Gymnasiums (Leitung Yvonne Löken und Birgit McMahon) haben sich zu einer Kooperation zusammengeschlossen, um die Biografien von 16 in Vergessenheit geratenen Schicksalen jüdischer Mitmenschen wieder in Erinnerung zu rufen.
Sie gingen in Archive und recherchierten im Internet, um neue Spuren über sie zu finden. Dabei entdeckten sie Nachfahren in den USA und nahmen Kontakt zu ihnen auf. Steven Anson aus Schottland besuchte sogar die Schulen, hielt Vorträge und führte intensive Gespräche mit den Jugendlichen. Für die Schüler*innen war der Austausch mit den verschiedenen Zeitzeugen zweiter Generation eine wichtige Erfahrung, denn sie erhielten neue Erkenntnisse und Informationen. So konnte durch Roberta Scheinmann bestätigt werden, dass ihr Vater, Robert Scheinmann, mit seinen Eltern in Landshut gelebt hatte und sie mit ihm über Usbekistan in die USA ausgewandert waren. Bisher hatte niemand Kenntnis über die Existenz von Robert Scheinmann.
An drei Tagen wurden an sieben unterschiedlichen Standorten in Landshut die Stolpersteine verlegt. Die Schüler*innen lasen die selbst verfassten Kurzbiographien vor und Max Mitschke vom HCG umrahmte mit Trompetenklängen feierlich die Zeremonie. Anstelle des Künstlers Gunter Demnig verlegte Herr Detterbeck vom städtischen Bauamt die Stolpersteine. In der Seligenthaler Straße 38 waren Herr OB Putz, der eine Begrüßungsrede hielt, sowie zahlreiche Stadträte mit dabei. Steven Anson und seine Frau Hilary nahmen daran teil, da die Stolpersteine vor dem ehemaligen Wohnhaus seiner Großeltern Guido und Babette und seines Vaters Martin Ansbacher verlegt wurden. Auf der Abendveranstaltung vom 12.10.2023 im voll besetzten Salzstadel gedachten die Schüler*innen beider P-Seminare noch einmal aller 16 jüdischen Schicksale mit einer ausführlichen Präsentation. Dabei legten sie Blumen vor den Porträts der Familien Ansbacher, Jacobius, Roer und Scheinmann als auch des Ehepaares Hahn, der Brüder Teichner und Hedwig Rohrmoser nieder. Das Blechbläserensemble Carossa Brass unter der Leitung von Herrn Laumann, die Pianistin Charlotte Bornholdt vom Gymnasium Ergolding und ein Chor von Schüler*innen des Gymnasiums Ergolding unter der Leitung von Frau Eva Schäbel umrahmten würdevoll und sehr feierlich die Veranstaltung.
Nach den Grußworten und Redebeiträgen von OB Alexander Putz, Sebastian Hutzenthaler, stellvertretend für Landrat Peter Dreier, Ulrich Fritz, stellvertretend für Dr. Ludwig Spaenle, Dr. Mario Tamme vom Stadtarchiv und Franz Gervasoni vom Verein Stolpersteine e.V. überreichte Steven Anson Herrn OB Putz ein Freundschaftszertifikat. Steven Anson führte aus, sein Vater habe es sich wohl kaum vorstellen können, dass in seiner Heimatstadt Landshut 85 Jahre nach der Reichspogromnacht, in der er verhaftet wurde und nicht wusste, ob er wohl überleben würde, ihm zu Ehren Stolpersteine verlegt werden würden. Dass Stolpersteine in dieser Anzahl verlegt werden konnten, ist zum einen der Kooperation mit dem Stadtarchiv und zum anderen den von den Schüler*innen akquirierten Sponsoren zu verdanken. Alle waren sich einig, dass, angesichts des barbarischen Angriffs auf das Land Israel und seine Zivilisten und des zunehmenden Antisemitismus, Rassismus und religiösen Hasses, es wichtiger denn je ist, sich mit der nationalsozialistischen Vergangenheit auseinanderzusetzen.
Heidi Fischer